Mittwoch, 2. April 2008

In den letzten Wochen.....

.....hat sich eine interessante Geschichte in der Ukraine entwickelt, die sehr gut das gesellschaftliche Bild dieses schönen Landes widerspiegelt, dass nämlich, sollte von UkrainerInnen etwas umgesetzt werden, immer bis zu einem Zeitpunkt gewartet wird, wo es nicht mehr fünf Minuten vor Zwölf (und ich sah auf die Uhr......(Achtung: Sommerzeit!)) ist sondern fünf Sekunden vor Zwölf und dann geht's rund!! Da hört man von links und rechts: "Katastrophe", "Katastrophe", "Wie kann man nur?", "Wer soll das machen?", " Was, bis zu diesem Zeitpunkt?", als ob die Welt untergehen würde (und ich sage nicht, dass Ukrainer faul sind, ich meine nur, sie gehen Dinge sehr sehr eigenartig an....). Diesen Gemütszustand mancher UkrainerInnen die ich kenne, habe ich schon so oft miterlebt, dass mich das nicht mehr beunruhigt (manche empfinden das als boshaft und fragen:"Wie kann man da nur ruhig bleiben?"....). Wenn man das aber das erste Mal miterlebt hat wird man nervös, weil man zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß, dass eh immer alles irgendwie weitergeht....

Doch lesen sie selbst:

Die Ukrainer habe einen gewissen Nationalstolz. Das ist für ein knapp 17 Jahre altes Land durchaus gut zu heißen, denkt man daran von welch großem Land heraus sie (und viele andere auch) die Unabhängigkeit erklärt hat doch besteht noch immer (und wird immer bestehen) ein schwieriges Verhältnis, zum gröszten, aus der ehemaligen Sowjetunion hervorgegangenen Land, nämlich Russland. Speziell die Sprache machts aus und die Ukrainer sind (zumindest im westlichen Teil) unheimlich stolz auf ihr Ukrainisch und dies ist auch auf Verfassungsebene so vorgesehen:

Dies führte auch zu folgendem Umstand:

Es erkannte im Dezember 2007 das Verfassungsgericht der Ukraine die Verbreitung und Aufführung von ausländischen Filmen, die weder ukrainisch synchronisiert noch untertitelt sind, als gesetzeswidrig an.
Am 18. Jaenner 2008 verbot das Kulturministerium dem Kinematografiedienst die Erlaubnis zur Verbreitung und Aufführung von Filmen, die nicht auf ukrainisch synchronisiert oder untertitelt sind, zu erteilen (Achtung, nutzloses Wissen: Den ersten Film, den diese Regelung traf war "Asterix bei den Olympischen Spielen" letzten Jänner, deswegen kam dieser Film mit einiger Verspätung in die ukrainischen Kinos).

Die Folge:

36 Kinos in 18 Städten der Ukraine stellten ihre Arbeit am 27. Februar für einen Tag, als Zeichen des Protestes gegen die Entscheidung des Kulturministeriums die Vorführung von ausländischen Filmen mit russischer Übersetzung zu verbieten, ein (Nur mein Stammkino hat die Ruhe weg. Ein Mal in der Woche gibt es zu einer bestimmten Uhrzeit einen Film auf Englisch und die anderen sind teilweise auf Russisch, teilweise auf Ukrainisch).

Im Hintergrund sollte man, wenn man die oben stehenden Zeilen liest, immer haben, dass es sich hierbei um ein Gesetz handelt, das Jahre alt (so um 2004 beschlossen, also während der orangen Revolution und so kann man sehen, wie genau man sich an gesetzliche Vorgaben hält und diese auch umsetzt...) ist und nicht mal während der Zeit als Viktor Janukowitsch Ministerpräsident war (und der ist eher auf der pro - russischen Seite) irgendwie zu Gunsten der vorwiegend Russisch sprechenden Bevölkerung im Süden und Osten der Ukraine geändert wurde, weil er sich wahrscheinlich gedacht hat, dass da nie ein Hahn danach krähen werde. Doch jetzt wieder Frau Tymoschenko und die fährt da drüber.....

Es geschah also nichts und jetzt werden alle nervös und die Schreierei fängt an, denn die vorläufige Entwicklung lauft dahin, dass nicht nur Kinofilme sondern vielmehr auch russischsprachige (oder vielmehr nicht in ukrainischer Sprache moderierte) Sendungen im ukrainischen Kabelfernsehen ab März 2009 eingestellt werden müssen, wenn eine Bestimmung des ukrainischen Rundfunkrates in Kraft tritt. Die ukrainischen Kabel - Provider (deren Präsident von der Wiedereinfünhrung der Zensur spricht......) sollen alle Sendungen ausländischer Anbieter in die ukrainische Sprache übersetzen, was vor allem bei Livesendungen lustig sein dürfte. Fairerweise muss man dazusagen, dass bei vielen Filmen, die ins Russische oder Ukrainische synchronisiert wurden, es ungefähr so abläuft, dass ein Mann alle Männerrollen spricht und vielleicht auch Kinder (und zwar in einer Emotionslosigkeit, dass im Vergleich dazu, ein Bruno Gironcoli als Clubanimateur durchgeht) und wenig überraschend eine Frau alle Frauenrollen und vielleicht auch Kinder (und die auch in einem Temperament, wie die Stimme bei der Telephonzeitansage). Des Weiteren macht man sich auch nicht die Mühe die Originaltonspur abzuschalten sondern macht sie vielleicht ein bißchen leiser. Also dauert die Synchronisationsarbeit höchstwahrscheinlich genauso lang wie der Film. Effizient und günstig ist es, keine Frage.
Wie das bei Livesendungen zu handhaben sein wird, weiß man noch nicht. Mein Vorschlag, von der UNO ein paar Dolmetscher ausborgen, die werden das wohl schaffen!

Was macht man aber im vorliegenden Fall:

Auf dem von mir schon in einem vorhergehenden Beitrag gepriesenen ukrainischen Musikfernsehsender "M1" gibt es eine Frühstücksshow die nennt sich schlicht "Guten Morgen". Sehen sie selbst, Herr und Frau Stammleser:
http://m1.tv/ua/products/gut_morgen/

Jeden Werktag pünktlich zwei Minuten vor 8.00 Uhr Früh, werden auf eher nicht "Knoff Hoff Niveau" Experimente vorgeführt (die fast immer schief gehen) und dieser Teil der Morgenshow heißt: "Guten Experiment".

Die Aerobic - Fünf - Minuten (wo man gespannt beobachten kann, wie die Moderatorin in kurzem Kleid und mit kniehohen Stiefeln einfache Turnübungen mitvorführt) nennt sich "Hände Hoch"



und werden Kochrezepte vorgestellt, so geschieht das unter der Rubrik "Guten Appetit".



So, lieber ukrainischer Gesetzgeber, was machen wir da? Wir haben eine Sendung von einem ukrainischen Sender, in der nur ukrainisch gesprochen wird, wo ein paar Mal während der Sendung, die oben erwähnten deutschen Redewendungen vorkommen (und sogar am Bildschirm stehen)........geht das, geht das?

Wenn das kein Grund zur Anlassgesetzgebung ist, dann weiß ich auch nicht mehr meint

Gert

2 Kommentare:

Atti hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Atti hat gesagt…

Gert! Super Blog!

War heute auch auf dem österreichischen Stammtisch, musste aber leider frühzeitig weg.

Die Gesetzesgebung (und vor allem die Umsetzung der Gesetze) ist in der Ukraine halt nicht ganz konsequent. Aber das gehört auch zum Land dazu, und wir lieben es eben auch so :)

Welches Kino zeigt denn noch immer russischsprachige Filme?

Liebe Grüße